Der Staatsvertrag

Ich male gerne Brücken, weil Brücken schön sind.
Sie sind schön ihrer Form und ihrer Bestimmung nach.
Sie sind mit eine der schönste Erfindung des Menschen.
Wenn ich Brücken male, braucht die Zweckmäßigkeit keine Rolle spielen.
Sie müssen keine Ufer verbinden, sie können frei im Wasser stehen, nur mit ihrem eigenen Spiegelbild beschäftigt.

Wolfgang Lettl - Der Staatsvertrag - 1990
Zweckfreie Schönheit ist immer ein Hinweis auf Gott.
Wie viele andere Sachen auch. Aber sehen will geübt sein.

Einen Vorläufer zu diesem Bild nannte ich "Die Mutterbrücke" (1982),
weil es mir gelungen war, menschliche Beziehungen auf zwei Brücken zu übertragen.

Als ich das Bild "Der Staatsvertrag" 1990 malte, war gerade die Wiedervereinigung
und der damit verbundene Staatsvertrag aktuell.

Bei der Namensgebung für ein Bild spielen die aktuellen Tagesgeschehnisse selten eine Rolle. Ein Bild braucht halt auch einen Namen und "Staatsvertrag" passt doch einigermaßen.

Wie mir das Fenster eingefallen ist, weiß ich nicht mehr genau, ich habe das Bild schon lange nicht mehr gesehen und schon fast vergessen.

"Fenster" steht für "Kultur", war doch in unseren kalten Breiten bedeutsame Kultur erst mit dem schützenden und lichtdurchlassenden Fensterglas möglich.

Daß eine der Fensterscheiben im Bild kaputt ist, hat seine Ursache darin, daß ich Glas nur überzeugend malen kann, wenn ich es zerbrochen male.

Die drei Hände, die die Kultur über das Wasser halten, könnten die Grundlagen der Demokratie bedeuten: Legislative, Judikative und Exekutive.
Oder einfach Einigkeit und Recht und Freiheit.

Aber wollen wir die Symbole nicht überfrachten, die Gruppe mit dem Fenster passt einfach dazu.

Ich hoffe Ihnen Denkanstöße geliefert zu haben.

Ihr Wolfgang Lettl


Weitere "Brückenmotive"

Die Brücke, 118x167 cm (1978)

Karl V., einen Brückenkopf bildend, 70x82 cm(1979)

Die Begegnung, 89x154 cm (1985)

Der Dirigent, ca.80x100 cm (1987)

Das Schiff, 88x140 cm(1991)